Donnerstag, 14. März 2013

Die natürliche Hierarchie

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NEU FASSUNG VOM 11.03.2013 NEU
aus: Matthias Pochmann DNS (R)Evolution (Version 2013)


Erster Teil
Grundbegriffe

Kapitel II – Die natürliche Hierarchie

Die natürliche Hierarchie // Die Dynamik der natürlichen Hierarchie

Die natürlich Hierarchie

Hierarchien entstehen als ein Ergebnis des evolutionären Prozesses. Das gesamte Dasein ist streng hierarchisch oder besser holarchisch (Ken Wilber – Eros, Kosmos, Logos) aufgebaut. Alle Dinge im Universum sind Holons. Dieser Begriff, von Arthur Koestler geprägt und von Ken Wilber weiter entwickelt, verdeutlicht, dass jedes Element der Wirklichkeit immer zugleich ein Ganzes und Teil eines größeren Ganzen ist. Aus der Tatsache dieses Doppelcharakters entsteht eine Hierarchie, in der die Einordnung auf Stufen sehr einfach gelingt. Zur Verdeutlichung das Beispiel einer solchen Holarchie.

Mensch
Tier
Organe
Zellen
Moleküle
Atome
Atomteile (Elektronen, Protonen, Neutronen)
Quarks

Jede dieser Entitäten bildet eigenständige Erscheinungsformen aus. Während Quarks dazu nur innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne zu Anbeginn des Universums in der Lage waren und die Veränderung der herrschenden Bedingungen rasch zur Ausbildung umfassender Ganzheiten führten, besitzen die folgenden Stufen größere Festigkeit.
Ein Atom ist ein für sich vorkommendes Ganzes, das darin Protonen, Elektronen und Neutronen integriert. Moleküle wiederum spannen eine gegenüber den Atomen transzendente Stufe der Hierarchie auf. Die Integration von Wasserstoff- und Sauerstoffatomen im Wassermolekül führt zur Herausbildung einer neuen Stufe von Materie mit Eigenschaften, die nicht direkt aus den Teilen abgeleitet werden können. Das Molekül bindet seine Bestandteile fest ein und übernimmt Aspekte ihrer Autonomie. Wohin auch immer sich das Molekül bewegt, dahin bewegen sich die Atome. Analog gilt diese Überlegung für das Tier. Es besteht aus Organen, die Zellen enthalten, die aus Molekülen aufgebaut sind. Der Mensch wiederum erweitert die bloß tierischen Daseinsformen um die Fähigkeiten von Geist und Kultur. Tierisches ist deshalb ein weiteres Holon dieser Stufenfolge. Es ist als Träger des Geistigen wesentlicher Bestandteil menschlichen Daseins und beinhaltet in sich selbst untergeordnete Holons. Die jeweilige Stufe innerhalb der Hierarchie lässt sich sehr einfach ermitteln. Entfernt man gedanklich ein Element darin, wie z.B. Moleküle, dann fällt alles weg, was darauf aufbaut. So lässt sich entscheiden, was grundlegend und was höher ist. Ohne Moleküle keine Zellen, Organe, Tiere und Menschen. Atome, Atomteile und Quarks hingegen bleiben bestehen. Deshalb sind Erstgenannte Ganzheiten umfassenderer Ordnung und über dem Molekül und die übrigen darunter einzuordnen.
Auch Bewusstsein entfaltet sich über Stufen einer solchen Hierarchie. Nach seiner Geburt besitzt der Mensch zunächst kaum mehr Fähigkeiten als hoch entwickelte Säugetiere. In sich trägt er jedoch Potentiale, die im Ergebnis weiterer individueller Evolution hervortreten. Im Verlauf seiner Bewusstseinsentwicklung löst sich das Individuum von der ausschließlichen Identifikation mit dem Leib, es entwickelt ein selbsterkennendes Ego, das den Körper seinem Willen unterwirft.
Jede funktionierende Ebene sichert den wechselseitigen Ausgleich der Einflüsse zwischen Teilen und Ganzen. Dennoch sind Machtverhältnisse klar zugunsten der transzendenten Einheit verschoben. Deshalb gehorcht mein Arm vor allem meinem Willen und die Atome als dessen Bestandteile bestimmen bloß den physikalischen Rahmen der Möglichkeiten einer solchen Bewegung. Diese fundamentale Abhängigkeit des Höheren vom Grundlegenden hindert menschlichen Geist daran sich über die Gesetze der Natur hinwegzusetzen. In dieser Weise beeinflussen tierische Triebe unseren Willen, wie auch Schmerzen die Sicht auf die Welt verändern. Solch gegenseitiger Machtausgleich wird krankhaft, wenn einzelne Ebenen derart an Einfluss gewinnen, dass sie die Daseinsgrundlage höher oder tiefer liegende Schichten zerstören. Tritt keine Stabilisierung ein, wird das gesamte System zusammenbrechen. Wenn ein Mensch die Signale seines Körpers missachtet, seine Leistungsfähigkeit überschätzt und Energien verausgabt, die zur Erhaltung der Vitalfunktionen benötigt werden, dann wird ein Notfallsystem einen Zusammenbruch bewirken, der zu einem Verlust an Bewusstsein führt. Das umgekehrte Beispiel einer Zerstörung durch tiefer liegende Schichten findet man bei schweren Erkrankungen wie Alzheimer. Die fortlaufende Degeneration des Gehirns zerstört die Grundlage des Geistes. Auch hier zerbricht im weiteren Verlauf das gesamte System.
Die natürliche Hierarchie umfasst alle Aspekte der Entwicklung des Bewusstseins. Durch den Vergleich aller Lebensformen untereinander lässt sich aus dem Grade ihrer jeweiligen Bewusstheit die Höhe innerhalb einer solchen Stufenfolge ableiten. In seinem Hauptwerk „Eros, Kosmos, Logos“ veranschaulicht Ken Wilber diesen Zusammenhang mit folgender Hierarchie. Darin stehen links die verschiedenen Klassen der Lebewesen und rechts deren Möglichkeiten sich dem Sein bewusst zu werden.

Komplexer Neokortex
(Mensch)
Begriffe
 
Organismen mit Neokortex
(Primaten)
Symbole
 
Organismen mit limbischem System
(niedere Säugetiere)
Emotion/Bildhaftigkeit
 
Organismen mit Hirnstamm
(Reptilien)
Impuls/Emotion
 
Organismen mit Rückenmark
(Fische, Amphibien)
Wahrnehmung/Impuls
 
Neuronale Organismen
(z.B. Ringelwürmer)
Wahrnehmung
 
Protoneuronale Organismen
(z.B. Hohltiere)
Empfindungsvermögen
 
Metabolische Organismen
(z.B. Pflanzen)
Rudimentäres Empfindungsvermögen
 

Diese Rangfolge beschreibt zugleich den Weg der Evolution von den Anfängen des ersten Lebens bis hin zur Entwicklung des Menschen. Es entsteht eine Bewusstseinshierarchie, die bei fast absoluter Wahrnehmungsunfähigkeit beginnt und bei Wesen der höchsten evolutionären Stufen endet. Die Evolution bringt in ihrem Prozess eine Mannigfaltigkeit höchst unterschiedlicher Lebensformen hervor und bewahrt zugleich alles, was sich den wandelnden Umweltbedingungen anzupassen vermag. Deshalb existieren im Spektrum der Bewusstseinshierarchie keine Sprünge zwischen den verschiedenen Graden.
Aber diese Unterschiede in der Fähigkeit zur Wahrnehmung gibt es nicht nur im Vergleich zwischen den jeweiligen Arten der Lebewesen. Auch innerhalb einer Gattung existieren Grade der Bewusstheit. Deshalb wissen sich ältere Tiere wegen ihrer größeren Erfahrung meist besser im Dasein zurechtzufinden als jüngere. Doch besonders stark treten diese Unterschiede beim Menschen hervor. Dessen angeborenes Potential der weiteren individuellen Evolution entfaltet sich über viele Stufen. Über diese Ebenen erwacht der Mensch zu einer immer umfassenderen Erfahrung der Wirklichkeit und deshalb wird in jedem Augenblick ein Spektrum menschlichen Bewusstseins aufgespannt, das sich von der Unbewusstheit nach der Zeugung bis hin zu den höchsten Ausprägungen besonderer Einzelner erstreckt. Dieser besondere Ausschnitt der natürlichen Hierarchie wird im dritten Teil zur Grundlage einer modernen Gesellschaftsordnung. Bisher ist diese Stufenfolge zwar eine Tatsache des Lebens, aber noch zu wenig offen gelegt, um dem Leben des Menschen eine Struktur zu geben. Dessen ungeachtet übt sie schon heute großen Einfluss auf unser Dasein, weil der Grad der Entwicklung maßgeblich ist für die Fähigkeit eines Individuums die Gegenwart zu gestalten. Und trotz vieler Ausnahmen, steigt in statistischer Tendenz die Lebensqualität mit zunehmender Tiefe kosmischen Gewahrens.
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