Montag, 1. Juli 2013

Kluft zwischen Arm und Reich

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aus: Matthias Pochmann DNS (R)Evolution

Zweiter Teil
Notwendigkeiten für den gesellschaftlichen Wandel

Kapitel III – Globalisierung

Drittweltländer - mangelndes Investitionsinteresse // Kluft zwischen Arm und Reich // Verschwendung kreativen Potentials

Kluft zwischen Arm und Reich

Die Teilung der Welt in einen armen und einen reichen Teil weckt Zweifel an der grundsätzlichen Fähigkeit des Menschen gemäß moralischer Grundnormen zu handeln. Nur zögerlich wird gegen das allgegenwärtige Leid vorgegangen. Der eigene Vorteil besitzt größere Priorität als die Probleme der Anderen. Wir leben in einer Epoche der Egozentrizität, in der das Individuum sich selbst in einer alles andere überstrahlenden Bedeutung erfährt. Mit diesem Welterleben entschwindet fremdes Leid allzu leicht der Aufmerksamkeit. Aber eine zumindest potentielle Veranlagung zu einem mehr weltzentrierten Menschen lässt Raum für die Hoffnung auf eine zukünftige Wendung zum Besseren. Bisher erklimmt nur ein bescheidener Anteil der Menschheit diese Höhe des individualisierten Seins. Deshalb besitzt dieses Denken noch wenig Kraft. Dennoch verschafft sich fremdes Leid durch das Handeln solch Einzelner zunehmend Gehör und lässt sich deshalb nicht mehr dauerhaft aus dem Bewusstsein verdrängen. Immer häufiger gelangt die mahnende Stimme bis an die Oberfläche unserer Aufmerksamkeit und erinnert uns daran, dass es nur Wenigen so gut geht wie uns. Diese Kluft zwischen Armut und Reichtum hat sich im letzten Jahrhundert dramatisch vergrößert. Die Industrienationen, die mittlerweile Besitzansprüche über weite Gebiete der Erde erheben, laufen den Entwicklungsländern beharrlich fort. In wohlhabenden Regionen fehlt es Menschen kaum an existentiellen Gütern und dennoch entwickeln sich Depressionen und Unzufriedenheit hier verstärkt. Auf Grund vieler Faktoren variieren die Interessen von Land zu Land sehr. Das in diesem Kontext wohl bedeutendste Kriterium ist Wohlstand. Armut nötigt Menschen zum Setzen ganz anderer Prioritäten. Den Bewohnern rückständiger Regionen fehlen schlicht Zeit und Mittel für Interessen jenseits der primären Grundbedürfnisse. Nahrung, Partnerschaft und religiöse Motive sind deshalb zentrale Themen dieser Menschen. Hingegen werden Westeuropäer durch viele weitere Interessen in ihrem Handeln bestimmt. Sie schauen über das bloß Notwendige hinweg zum Lebensqualität aufwertenden Luxus. Als primäre Herausforderung gilt es hier den Besitz im Laufe des Lebens zu vergrößern und ein Streben nach ideellen Zielen ist sogar im Stande sich über diesen materiellen Unterbau zu erheben. Die Freiheit des Bewohners der Ersten Welt erlaubt diesem die Besonderheit des eigenen individualisierten Seins durch Bildung herauszuarbeiten und von der weltweit angebotenen Produktvielfalt das zu wählen, was ihm gefällt. In Deutschland gibt es handgerollte Räucherstäbchen aus Indien, Tee aus China und Kaffee aus Kolumbien. Solche und andere unter moralisch bedenklichen Bedingungen geschaffenen Waren ernähren Arbeiter, die dafür einen Monatslohn erhalten, der dem entspricht, was Westeuropäer an einem Tag ausgeben.
Wenn es Möglichkeiten gibt diese Situation zu verändern, dann ist es eine Pflicht der Menschheit einer sich globalisierenden Welt diese Chancen auch zu nutzen. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gilt für alle Menschen und hat dennoch in vielen Regionen keinerlei Bedeutung. Wir schauen tatenlos zu, wie Besitzlosen jegliche Möglichkeit eines zeitgemäßen Lebens verwehrt wird und sind selbst dann ohnmächtig gegen ein von Ausbeutung profitierendes Wirtschaftssystem, wenn sich ein entschiedener Wille herausbildet diese Situation zu verändern. Jedes Jahr fließen große Summen in arme Regionen. Dies hilft zwar den Bemühungen die Entwicklung voranzutreiben enorm, kann jedoch insgesamt nicht viel mehr als die bloße Sicherung des Überlebens gewährleisten. Zur gleichen Zeit erreicht die Evolution andernorts immer höhere Ebenen und gestattet dem Bewohner der Industrienationen ein qualitativ immer höherwertigeres Dasein. Luxus in immer neuen Formen und eine rasche Entwicklung neuer technologischer Errungenschaften weiten den Freiraum ständig und ermöglichen das eigene Leben mit immer neuen Facetten individuell auszugestalten. Weil die Entwicklung auf einer Seite kaum vorankommt und zugleich an anderen Orten eine immer größere Vielfalt des Wohlstands entsteht, wächst die Kluft mit jedem neuen Tag. Eine gerechtere Verteilung ist nicht dadurch zu erreichen, dass man den Reichen nimmt und den Armen gibt. Vielmehr bedarf es völlig neuer Methoden, die es ermöglichen die Geschwindigkeit der Entwicklung in der Dritten Welt ohne Verlust für die Industrienationen zu beschleunigen. Nur mit der Aktivierung des derzeit ungenutzten Potentials wird ein Aufholen armer Regionen überhaupt realistisch. Für eine solche Annährung ist in den Entwicklungsländern eine wesentlich höhere Evolutions-geschwindigkeit notwendig. Ein Rechtsanspruch für jeden Menschen auf einen freien Zugang zu einem auf Informationstechnologie basierenden BildungsVOLLangebot könnte innerhalb weniger Jahrzehnte eine völlig andere Situation auf der Erde schaffen. Auf diesem Weg profitieren nicht nur Mittellose, weil sie der Armut entwachsen, sondern alle Menschen, weil große Herausforderungen, wie die Heilung schwerer Erkrankungen, viel schneller bewältigt werden.
Im Informationszeitalter werden digitalisierte Bildungsformen langfristig leistungsfähiger als traditionelle Methoden, deren Entwicklung in Europa bereits ein sehr hohes Niveau erreicht hat. Über Datennetzwerke kann solch exzellente Bildung prinzipiell jeden Menschen erreichen. Bessere Produktionsverfahren und der Zugewinn im Verständnis der Nutzung technologischer Möglichkeiten wird die Kosten für notwendige Ausrüstung reduzieren, sodass es realistisch wird jedem Menschen einen freien Zugang zu Bildung in Form eines Menschenrechts zu garantieren. Entwicklungshilfe gewinnt dadurch neue Kraft. Die in arme Regionen fließenden Gelder helfen die notwendige Infrastruktur aufzubauen, durch deren Hilfe viele Millionen Menschen binnen nur einer Generation einen hohen Ausbildungsgrad erreichen können. Ein damit erreichter weltweiter Zugewinn an Wissenschaftlern und Entwicklern wird global viel zusätzliche kreative Energie frei setzen, die letztlich der Aufwertung der Lebensqualität aller dient. Zugleich entwachsen rückständige Gebiete der finanziellen Abhängigkeit von den Industrienationen. Für arme Regionen ist das Potential der Entwicklungsgeschwindigkeit viel höher, weil eine Vielzahl unserer Erkenntnisse lediglich übernommen wird. Eine solche auf einer sprunghaften Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten basierende rasche Entwicklung einer heranwachsenden Generation, ist nicht mit dem langwierigen historischen Aufstieg der Industrienationen vergleichbar. Was sich in Europa in hunderten Jahren herausbildete, wird in wenigen Jahrzehnten global zugänglich und in dessen Folge adaptiert.
Wenn ein Wille, geboren aus der Empfindung der Not des Menschen, solche Kraft entwickelt, dass es ihm gelingt die Sensibilität derer zu erwecken, die am meisten vom Leid anderer profitieren, dann bleibt dieser Welt Hoffnung eine gerechtere zu werden.
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