Dienstag, 11. Juni 2013

Wandel der Produktion

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aus: Matthias Pochmann DNS (R)Evolution

Zweiter Teil
Notwendigkeiten für den gesellschaftlichen Wandel

Kapitel I – Der Produktionswandel

Wandel der Produktion // Perspektive der Arbeit

Wandel der Produktion

Ein sanfter Druck der Natur führt den Menschen unweigerlich in ein neues Zeitalter. Die Geschehnisse der Gegenwart halten die Menschheit auf dem Pfad des universellen Wandels der Evolution. Viele Prinzipien, die für lange Zeit der Gesellschaft eine Ordnung verliehen, werden in einer hoch technologisierten Welt immer unbrauchbarer. Vor allem der Begriff der Arbeit wird sich gemeinsam mit der Idee der Vergütung von Leistung verändern.
Menschliches Schaffen dient direkt oder indirekt dem in die Welt Treten von neuen Werten. Das Dasein wird eben wegen dieses Wirkens für uns wertvoller. Menschliche Kreativität formt durch geschickte Lenkung der Hand des Töpfers einen Krug, wodurch auf Grund dieses transformierenden Wirkens ein neuer Nutzen in der Natur hervortritt, der zuvor im Ton der Tongrube nur als reines Potential vorhanden war. Wir transzendieren Aspekte unserer Umwelt, nutzen das Material der Erde und gestalten auf diese Weise einen neuen Augenblick. An diesem typisch menschlichen Wirken hat sich seit dem ersten Werkzeuggebrauch in der Steinzeit nichts grundlegend verändert. In diesen Tagen offenbart unser Schaffen nun im Silizium Eigenschaften, die man dem Sand der Strände kaum zutrauen würde. Dennoch ist es immer noch derselbe Prozess der das Gegenwärtige einer Transformation unterwirft und auf diese Weise Eigenschaften emergiert, die in der Natur erst durch uns eine Verwendung finden. Stück für Stück entdeckt der Mensch die Potentiale, die seine Umwelt für ihn bereithält. Während des größten Zeitraums seiner Geschichte war vor allem das Wirken des menschlichen Individuums für diesen Gestaltungsprozess verantwortlich.
Seit dem Ende des zweiten Jahrtausends wird die Produktion durch zunehmende Technologisierung immer effizienter. Das Wirken des Menschen wird dabei in weiten Bereichen überflüssig. Dieser Prozess besitzt eine häufig unterschätzte Wirkweite und wird die Gesellschaften im 21. Jahrhundert mittelfristig einem tiefgreifenden Strukturwandel unterwerfen. Lange schon sind Maschinen vor allem bei Routineprozessen dem Menschen weit überlegen. Sie sind schneller, präziser, ausdauernder und verfügen über mehr Kraft. Die Tatsache der Erschaffung immer umfangreicheren Wohlstands bei immer weniger Notwendigkeit der Anteilnahme des Menschen ist zunächst eine durchaus zu begrüßende Entwicklung - eine Entwicklung aber, die ohne Neubegründung der sozialen Marktwirtschaft viel des gestalterischen Potentials der Menschheit verschwenden würde. Wenn die Erzeugung von Wert zunehmend auf Maschinen übergeht und nur einem kleinen Anteil der Bevölkerung diese Produktionsmittel gehören, dann wächst der Wohlstand dieser Wenigen während zugleich der über den Lohn für Arbeit ausgeschüttete Anteil am geschaffenen Wert sinkt. Auf den ersten Blick scheint dies vielleicht der Nachfrage nach Privatjets und Luxusyachten zuträglich sein – aber eine tiefgründige Analyse widerlegt selbst diesen ersten Anschein. Wenn der Anteil des Lohnes am geschaffenen Wert immer weiter sinkt, weil Maschinen in Privatbesitz immer weitere Aufgabenfelder des Menschen übernehmen, dann konzentriert sich Kapital vermehrt in den Händen immer weniger Menschen. Diese Kapitalkonzentration führt zu sinkender Nachfrage vor allem nach Waren, die in hohen Stückzahlen verkauft werden. Sinkende Nachfrage führt zu verringerter Produktion und dadurch schließlich zu einer verminderten Generierung von Werten. Diese allgemein verminderte Leistungsfähigkeit der Wirtschaft wirkt sich schließlich selbst auf die Nachfrage nach Privatjets und Luxusyachten aus.
Automatisierung beginnt bei sehr einfachen Routinetätigkeiten und wird durch anhaltende Weiterentwicklung fähiger immer komplexe Aufgaben auszuführen. Dementsprechend sinkt zunächst der Bedarf an geringer qualifizierter Arbeitskraft. Dieser Prozess setzt sich jedoch im weiteren zeitlichen Verlauf fort und wirkt sich schließlich auf immer anspruchsvollere Tätigkeiten aus. Die Leistungserwartungen an den Arbeitnehmer steigen deshalb kontinuierlich an. Als Ergebnis wird ein wachsender Anteil der Bevölkerung ein Leben lang von jeder Erwerbstätigkeit ausgeschlossen. Aktuell berücksichtigen die Sozialsysteme diese absehbaren Veränderungen kaum. Während bisher viel dank einer zunehmend besser ausgebildeten Bevölkerung abgefangen werden konnte, gelangen wir in Deutschland diesbezüglich inzwischen an eine Grenze. Das allgemeine Bildungsniveau ist in Deutschland bereits sehr hoch und kann auf traditionellem Weg kaum noch verbessert werden. Während also der durch leistungsfähige Feldmaschinen verursachte Schwund des Bedarfs ungelernter Arbeitskräfte noch gut durch verbesserte Ausbildung kompensiert werden konnte, wird es in Zukunft viel schwieriger auch für Taxi- oder LKW-Fahrer neue Jobs zu schaffen, wenn autonome Fahrzeuge im Straßenverkehr sicher geworden sind. Die anhaltende Entwicklung der Automatisierungstechnologie wird den Menschen aus der Sphäre des materiellen Wirkens verdrängen. Langfristig können Maschinen prinzipiell jede bloß ausführende Tätigkeit erledigen.
Der Automatisierungsprozess fußt auf der Evolution der Computertechnologie. Ihre exponentielle Entwicklung führt dazu, dass auch geistige Tätigkeiten von Maschinen schneller, präziser und auf immer höheren Abstraktionsebenen erledigt werden. In letzter Konsequenz führt dieser Prozess zu einem Menschen, der durch bloße Artikulation seines Willens mit Hilfe computergesteuerter Roboter die Realität verändert. Dann sind Computer derart leistungsfähig geworden, dass allein rein schöpferische Tätigkeit an den Grenzen menschlicher Vorstellungsfähigkeit im Gestaltungsprozess benötigt wird. Ein Ende des Automatisierungsprozesses ist also erst erreicht, wenn sich selbst optimierende Computerprozesse Intelligenz entwickeln und echtes künstliches Selbstbewusstsein im Dasein hervortritt. Viele Wissenschaftler sind zuversichtlich dies noch während des 21. Jahrhunderts bewerkstelligen zu können. Spätestens an diesem Punkt wird es unausweichlich auch das wohl bedeutendste Grundprinzip der Marktwirtschaft, den Privatbesitz an Produktionsmitteln, auf den Prüfstand zu stellen.
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